Radikale Hoffnung

von ZukunftsMacher Helmut Scheel

Radikale_-Hoffnung-1398x630 Buchtipp: Radikale Hoffnung

Vorweg, es ist das emotionalste philosophische Buch, das ich bisher gelesen habe. Jonathan Lear beleuchtet auf über 200 Seiten die Transformation der Crow-Indianer von einem Jäger- und Kriegervolk, einem nomadischen zu einem sesshaften Volk, dass sich von der Landwirtschaft ernährt. Der amerikanische Philosoph Jonathan Lear schildert in der ersten Hälfte des Buches wie immer mehr von der Lebensgrundlage des Volkes bedingt durch Krankheit und dem Eindringen der Weißen verlorengeht. Mit neun und zehn Jahren hat der spätere Häuptling der Crow jeweils einen Traum. Dieser Träume werden ihm für sein späteres Leben zur Richtschnur, an welcher er sich bei seinen Entscheidungen orientiert und an der er sich festhält.

Jonathan Lear hört bei einer Vorlesung die Aussage von Planty Coups, dem Indianerhäuptling – und sie lässt ihn nicht mehr los. Die Aussage lautet: „Danach ist nichts mehr geschehen“. Klingt dies nicht wie Francis Fukuyamas „Das Ende der Geschichte“ von 1982? Was geschieht in einem Volk, das keine Perspektive mehr in der bisherigen Tradition sieht, auf der die gesamte Existenz aufgebaut ist?

Ungewisse Zukunft 

Lear bringt ein alltägliches Beispiel. Bisher kochten die Frauen, um die Krieger für die nächste Jagd oder die nächste Schlacht zu nähren und zu stärken. Doch wenn es keine Jagd und keine Kriege mehr gibt, warum soll man die Männer dann noch ernähren? Die Grundlage für die Stärkung der Männer fehlt. Oder warum soll man noch Kinder bekommen, wenn die Zukunft ungewiss ist? Solche und ähnliche Fragen sollte man tief sacken lassen, um deren tiefsinnige Bedeutung verstehen zu können. Nicht oberflächlich abtun, sondern versuchen emphatisch sich in diese Menschen hineinzuversetzen, denn dann versteht man, fühlt sich hinein, wie dieses Volk gelitten hat.

Und dennoch schafft es das Volk zu überleben. Die Träume des jungen Planty Coups waren Hilfe und Sicherheit. Bei einer Transformation sind Aussagen wie von Bundeskanzler Helmut Schmidt „Wer Visionen hat, gehört zum Arzt und nicht in die Politik“ nicht hilfreich, sondern sind kontraproduktiv. Das zeigt Lear in seinen Ausführungen deutlich auf. Schmidt redet aus der Sicht der bisherigen Kultur und Tradition. Er ist im Alten verhaftet. Diese Menschen sind nicht tauglich, in eine veränderte Zukunft zu führen.

Vision von der Zukunft 

Nur wer in sich ein Bild malt, einen Traum und eine Vision von der Zukunft hat, kann sie als Hilfe und Sicherheit für seine und die gesellschaftliche Entwicklung heranziehen. In diesem Sinne hat dieses Buch über die Transformation der Crow-Indianer vor über 100 Jahren sehr viel mit unserer heutigen Zeit zu tun. Wer es schafft, sich auf die Situation der damaligen Jäger und Krieger einzulassen, kann aus dem Buch „Radikale Hoffnung“ schöpfen.

Der Autor bindet in seine Betrachtung der Transformation Aristoteles, Platon, Kant und Freud ein, um den Versuch zu unternehmen, den Übergang der Crow in eine neue Lebensweise für uns verständlicher zu machen. Ich habe beim Lesen eine innere Entwicklung von den Tränen nahe bis zu einer tiefen Hoffnung erlebt.  

Buchtipp

Jonathan Lear
Radikale Hoffnung – Ethik im Angesicht kultureller Zerstörung

Jonathan-Lear Buchtipp: Radikale Hoffnung

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