Die Utopie von grenzenlosem Wachstum

von Axel Störzner

Nachhaltige Stadtentwicklung auf Grundlage der Kreislaufwirtschaft

Kennen Sie einen natürlichen Prozess, der sich durch unendliches Wachstum auszeichnet? Kennen Sie (bis auf das Universum) irgendetwas was für sich das Adjektiv „unendlich“ beansprucht? Nein? Warum also strebt der Mensch als einzige Spezies auf diesem Planeten bis heute das Ziel des grenzenlosen Wachstums an? Wie konnte diese Entkoppelung zwischen den (begrenzten) Möglichkeiten unseres Planeten und dem globalen Wirtschaftssystem entstehen und wie wirkt sich dies auf die Stadt aus?

Was mich bewegt? Die Stadt!

In Zukunft werden 70 Prozent der globalen Bevölkerung in Städten leben. Mit Ihrer Umweltbilanz zählen Städte zu den größten Emittenten von CO2, verbrauchen die meisten Ressourcen und Energie und produzieren den meisten Müll. Dazu kommen weitere entstehende Spannungsfelder wie die Schere zwischen Arm und Reich, Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum und obendrauf der Klimawandel, der die Städte der Zukunft vor große Herausforderungen stellt. Hitzeperioden, Starkregenereignisse und weitere naturbedingte Schocks verlangen Notfallsysteme und eine Infrastruktur, welche diese Zustände nicht nur aushält, sondern auch im Normalzustand eine lebenswerte und gesunde Umwelt für die Menschen bereitstellt.

RS5543_Metabolic_Graphic_Cities_Statistics_v03_MSG-1 Die Utopie von grenzenlosem Wachstum

Abbildung 1: Metabolic, 2020

Stadtentwicklung unter Stress!

Was bedeutet das für die Stadtentwicklung? Sie steht eindeutig unter dem Stress, in vielen Bereichen wie Versorgung, Infrastruktur, Bauwesen und Müllproduktion Veränderungen herbeizuführen, damit das System Stadt nicht kippt. Hinzu kommen noch die natürlichen Grenzen von Entwicklung wie Ressourcenabbau und -knappheit, Verlust der Biodiversität und allgemein eine lebenswerte Umwelt zu schaffen. Und nicht zuletzt die sozialen Spannungen die sich in der Schere zwischen Arm und Reich, der Nachfrage und Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, Gentrifizierungsprozessen und Spielraum zur Partizipation der Bevölkerung ergeben. Darauf muss nachhaltige und resiliente Stadtplanung reagieren!

Die Lösungen existieren!

Ansätze dazu gibt es bereits und auch haben sich Städte wie zum Beispiel Amsterdam zur Kreislaufökonomie verpflichtet. Darüber hinaus werden die folgenden Praktiken durch EU weite Förderprogramme erforscht und versucht in die Praxis zu überführen:

  • Ernährungssystem: Dezentrale Lebensmittelproduktion im (sub-) urbanen Raum mittels innovativer Produktionstechniken
  • Ressourcen: Urban mining – die Gebäude der Stadt als Ressourcen- und Materialdepot
  • Smart Mobility: Die Stadt für den Menschen nicht für das Auto
  • Wirtschaft: Städtische Produktion im Sinne der Kreislaufwirtschaft
  • Natur und Gesundheit: Urbane grüne Infrastruktur als Stabilisator städtischer Resilienz
Die Bauindustrie

Der Bauindustrie verlangen diese Zustände ein wesentliches Umdenken schon heute ab! Zu Grunde gelegt, dass der Baubestand, der heute geschaffen wird, im Jahre 2050 unsere Klimaziele erreichen soll, muss dieser den Nachhaltigkeitskriterien der Zukunft entsprechen. Ohne Transformation der bestehenden Systeme und Praktiken, kommt es zu einem sogenannten Log-In Effekt, der den Missstand unumkehrbar und das Ziel der 1,5°C Marke nicht erreichen lässt.

Holzkonstruktionsbau, Öko-Zement, zerlegbare und flexible Bauarchitektur und Materialpässe für Gebäude helfen, den CO2-Fußabdruck zu senken und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu realisieren. Materialalternativen wie (Pilz-) Myzelfaserplatten, werden an den Forschungsinstitutionen erfolgreich entwickelt, getestet und zertifiziert. Es fehlt nur der Mut und grundsätzlich die Einsicht, dass diese Materialien in der Praxis eine breite Anwendung finden müssen, damit Massenproduktion die Skalierungseffekte einer preiswerten Herstellung realisiert.

Die Vision!

Die Vision für die Stadt der Zukunft lässt sich in der Formel:

LEBENSWERTE GRÜNE STÄDTE FÜR EIN GESUNDES, GLÜCKLICHES LEBEN
DIE STADT DER ZUKUNFT – NACHHALTIG, NATÜRLICH UND RESILIENT

Sie verlangt eine holistische Sicht auf bestehende und zukünftige Probleme im System Stadt und Kooperation zwischen Bürgern, Wirtschaft, Verwaltung und betroffenen Institutionen. Für die notwendigen Kooperationen eignen sich Partizipationsprozesse wie Co-Design, Co-Creation und innovative Techniken, die s.g. nature-based-solutions (NBS): „Naturbasierte Lösungen beziehen sich auf das nachhaltige Management und die Nutzung der Natur zur Bewältigung sozio-ökologischer Herausforderungen. Zu den Herausforderungen gehören Themen wie Klimawandel, Wassersicherheit, Wasserverschmutzung, Ernährungssicherheit, menschliche Gesundheit und Katastrophenrisikomanagement.“ (Definitionsübersetzung aus Wikipedia)

Abbildung 1: Gladek, E., 2020. Cities must actively shape development to combat climate change. [online] Metabolic.