Buchtipp: Toxisch reich von Sebastian Klein
von ZukunftsMacher Helmut Scheel
Toxisch, also giftig reich – kann man das sein?
Diese Frage stellt sich Sebastian Klein, Autor, Psychologe und Unternehmer, zu Beginn seines Buches. Der Untertitel bringt es auf den Punkt: Warum extremer Reichtum unsere Demokratie gefährdet.
Es ist ein Buch, das in unsere Zeit passt. Und man erkennt in seiner Form deutlich die Handschrift des Autors: Sebastian Klein war Mitgründer von Blinkist, jener App, die kostenpflichtig Kernaussagen von Büchern zusammenfasst. Entsprechend sind die Kapitel und Abschnitte kurz und prägnant. Sie erlauben es, kleine Pausen zu nutzen, um weiterzulesen, die Schreibweise verführt zum schnellen Lesen. In diesem Sinne wirkt das Buch wie Fast-Food: Man liest und will mehr, weil die knappen Abschnitte neugierig machen. Ich meine das ausdrücklich positiv: Es ist ein Fast-Book. Man erhält schnell Zugang zu wichtigen Informationen, verdichtet, aber nicht oberflächlich.
Die gesellschaftliche Problematik von Reichtum
Der Autor verweist mehrfach auf Thomas Pikettys Kapital im 21. Jahrhundert, ein Standardwerk zum modernen Kapitalismus. Hätte Klein den Anspruch gehabt, die Themen mit ähnlicher Ausführlichkeit zu behandeln, wäre ein mehrbändiges Werk mit jeweils mehreren hundert Seiten entstanden. Doch das war erkennbar nicht sein Ziel. Vielmehr möchte er auf verständliche Weise die gesellschaftliche Problematik von Reichtum darlegen – ohne theoretisches Beiwerk, dafür mit erzählerischem Ton. Durch die Mischung aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit anderen entsteht keine abstrakte Analyse, sondern eine gelebte.
Klein beginnt mit seiner persönlichen Geschichte und rollt das Thema dann, wie einen Teppich aus , mit einem Blick in die historische Entwicklung, bevor er im ersten großen Teil des Buches im HEUTE ankommt. In neun Kapiteln à etwa zehn Seiten vertieft er die Thematik, stets in kurzen Abschnitten gehalten. Kapitelüberschriften wie „Ungleichheit ist undemokratisch“, „Reiche sind verantwortlich für die Klimakrise“, „Vermögen schützt vor Strafe“ oder „Ungleiche Gesellschaften sind schlechtere Gesellschaften“ markieren die Richtung. Am Ende jedes Kapitels steht eine prägnante Zusammenfassung – das sogenannte „Take-away“.
Wie kann Reichtum in echten Wohlstand für alle verwandelt werden?
Im zweiten Teil – MORGEN – richtet Klein den Blick nach vorn: Wie kann Reichtum in echten Wohlstand für alle verwandelt werden? Er dekonstruiert das alte Märchen der Leistungsgesellschaft, wonach harte Arbeit automatisch zu Wohlstand führe, und entwickelt stattdessen eine Vision von fairerem Miteinander. Für ihn braucht es Transparenz, ein gerechteres Steuersystem – eines, das nicht die unteren und mittleren Einkommen überproportional belastet –, neue Eigentumsformen und eine gemeinwohlorientierte Marktwirtschaft, basierend auf regenerativem Kapital. Was das heißt, bringt Klein im letzten Take-away auf den Punkt:
„Wenn wir unsere Wirtschaft transformieren wollen, brauchen wir Kapital, das nicht nach finanzieller, sondern nach gesellschaftlicher Rendite sucht.“
Trotz aller Kritik am Status quo, bleibt Klein zuversichtlich. Am Ende steht ein optimistischer Ausblick, der Mut macht. Man fühlt sich als Leser nicht entmutigt, sondern ermutigt – mit dem Gefühl, Teil der Lösung sein zu können.
„Toxisch reich“ ist ein kurzweiliges und rasantes Buch. Man braucht kein BWL-Studium, um es zu verstehen, und vieles ist aus dem eigenen Alltag nachvollziehbar. Dennoch bietet es auch neue Perspektiven, Denkanstöße, Aha-Momente. Es überrascht nicht, dass das Buch es als Sachbuch auf die SPIEGEL-Bestsellerliste geschafft hat. Es ist ein Buch, das in diese Zeit passt und das dieser Zeit auch Raum gibt.
Das Buch richtet sich an alle, die sich für die Auswirkungen von Reichtum auf die Demokratie interessieren, ohne dafür ökonomische Fachkenntnisse mitbringen zu müssen.
Foto: oekom Verlag