Netzwerken in Perfektion
Wenn da nur nicht diese lähmende Angst vor Ablehnung wäre!
von Oliver Schumacher*
Der größte Stressor bei der Ansprache fremder Menschen ist die Angst vor Ablehnung. Der Gedanke „Was denken die anderen?“ steckt in sehr vielen Menschen derartig fest, dass sie sich nicht trauen, andere anzusprechen. Aber ohne diesen Schritt ist kein Netzwerken möglich. Schade, denn Sie vergeben dadurch viele Chancen im Leben. Falls Sie es doch einmal probieren wollen, lesen Sie hier, was Sie niemals denken, aber dafür unbedingt tun sollten.
Wer kennt es nicht? Man ist auf einer Veranstaltung, egal ob beruflich oder privat – und unterhält sich nur mit den Menschen, die man zuvor schon kannte. Dabei sind doch genau solche Veranstaltungen wunderbare Gelegenheiten, andere, neue Personen kennenzulernen. Aber allzu oft ist man zu scheu. Man möchte nicht aufdringlich wirken. Es könnte ja ein unangenehmes Schweigen entstehen, oder die angesprochene Person irgendwie unangenehm sein. Für viele ist es darum einfacher und entspannter, sich weiterhin nur mit denjenigen zu unterhalten, die man eh kennt. Da weiß man wenigstens, woran man ist. Aber wer nicht auch mal fremde Menschen auf Veranstaltungen anspricht, läuft Gefahr, unter seinen Möglichkeiten zu leben. Seien es nun verpasste interessante Themen und Meinungen, oder vielleicht sogar Aufträge und Freunde.
Die Angst vor Ablehnung
Zugegeben, nach außen gibt das kaum jemand zu, denn was sollten auch die Freunde oder Kollegen denken, wenn man sagen würde „Ich möchte nicht auf die Veranstaltung gehen. Dort kenne ich keinen. Und ich will niemanden ansprechen. Ich habe einfach die Sorge, dass ich störe, wenn ich mich zu fremden Leuten dazusetze oder dazustelle“? Sozial anerkannter sind dann eher Argumente, oder besser gesagt Ausreden, wie „Zu der Veranstaltung kann ich nicht gehen, da habe ich leider keine Zeit!“
Rein sachlich gesehen, könnte man sagen: „Geh doch einfach mal hin. Wenn du ein paar Leute ansprichst, wirst du bestimmt ein paar Gespräche führen. Und wenn dich tatsächlich jemand ablehnt, dann gehst du einfach zu anderen Teilnehmern der Veranstaltung.“ Soweit die Logik. Und da das auch so plausibel klingt, stressen sich hier die meisten Menschen, die durchaus gerne netzwerken würden, aber nicht wissen, wie.
Plötzlich schießen quälende Gedanken durch den Kopf, die oft sehr (selbst-)zerstörerisch sind: „Warum bin ich bloß zu blöd, einfach mal zu jemandem zu sagen ‚Hallo, was führt Sie hier zur Veranstaltung?‘ oder ‚Hallo, ich bin Max Mustermann. Wir beide kennen uns noch nicht. Wie bist du auf die Veranstaltung aufmerksam geworden?‘“
Falsche Erwartungen trügen
Wer die Erwartung bzw. den Anspruch an sich selbst hat, interessante Leute kennenlernen zu müssen, muss scheitern. Denn dann wird viel zu viel gedacht und bewertet: „Wie sieht der denn aus? Zu dem gehe ich nicht!“, „So früh trinken die Bier? Das können ja keine vernünftigen Leute sein!“ oder „Oh, der steht da alleine herum, dann kann der ja nicht wichtig sein!“. Diese Verurteilungen sind fatal – und lassen jeden Netzwerkgedanken im Keim ersticken.
Beim Netzwerken geht es nicht vorrangig darum, „nur“ bestimmte Personen anzusprechen, sondern generell Menschen, die man noch nicht kennt – vorurteilsfrei. Schließlich soll man ja mit der jüngst angesprochenen Person nicht den ganzen Abend (oder sein restliches Leben) verbringen, sondern durchaus die Gesprächspartner wechseln. Und ja, manchmal springt einfach kein Funke über – dafür das andere Mal sofort. Aber das ist normal. Wer allerdings krampfhaft übers Netzwerken und Leute ansprechen, Kunden sucht oder eine neue Partnerin bzw. Partner, setzt sich selbst viel zu sehr unter Druck. Sicher haben Sie die Erfahrung auch schon gemacht: Menschen, die einem auf einer Veranstaltung gleich etwas verkaufen wollen, wirken auf andere sehr verzweifelt – und damit unattraktiv.
Wie man ins Gespräch kommt …
Eine recht entspannte Möglichkeit ist, sich kurz im Veranstaltungsraum umzusehen, um sich dann beispielsweise an einem Stehtisch, an dem noch etwas Platz ist, mit den Worten „Hallo, ich bin Max Mustermann. Darf ich mich dazustellen?“ vorzustellen. In der Regel sind die anderen Personen am Tisch gerade im Gespräch, lassen einen aber gerne in ihren Kreis. Jetzt geht es nicht darum, gleich den ganzen Tisch zu unterhalten, sondern erst einmal zuzuhören. Worum geht es dort gerade? Kann man dazu etwas beisteuern?
Im Idealfall fällt man nun nicht dadurch auf, dass man einen langen Monolog bis hin zu einem Vortrag hält. Dies kann aber schnell passieren, wenn man den Anspruch an sich selbst hat, die Anwesenden von sich zu begeistern („Was könnten denn auch die anderen denken, wenn sie nicht spüren, was für eine geniale Person sich jetzt gerade zu ihnen gesellt hat?“). Besser ist es, eine gute Frage zum gerade besprochenen Thema zu stellen, um Interesse zu bekunden und das eigene Wissensspektrum im Idealfall zu erweitern.
Genau das ist sehr entscheidend: Fragen zu stellen, um andere Leute noch besser zu verstehen. Nicht ungefragte Monologe halten. Es entsteht schnell Sympathie, wenn man merkt, dass sich ein anderer für die eigenen Erfahrungen und Meinungen wirklich ernsthaft interessiert.
Wer mit dem Thema am Tisch gerade überhaupt nichts anfangen kann, der sollte lieber von sich aus dazu gar nichts fragen oder sagen, sondern sich vielleicht ein paar Minuten später einbringen, wenn das Thema für ihn besser passt bzw. interessanter ist. Oder, wenn etwas abgeschlossen ist, ein anderes Thema einbringen, beispielsweise „Und was fanden Sie besonders gut an dem Vortrag des Gastredners auf der Bühne, den wir vorhin im Saal gehört haben?“
Und wann kommt das Geschäft?
„Und, was machen Sie so?“ ist beim Erstkontakt eine durchaus übliche Frage. Hier gilt es aber die Balance zwischen Aufdringlichkeit und Gleichgültigkeit zu wahren. Ist der eine Gesprächspartner zu sehr auf Verkaufsmodus gestellt, während der Andere überhaupt nicht in Kaufmodus ist, dann wird es schnell peinlich.
Bewährt hat sich der Wechsel zum vertiefenden geschäftlichen Thema im Nachhinein. Man könnte die Person beispielsweise über LinkedIn adden und ein paar Tage nach der Kontaktannahme anrufen „Schön, dass wir uns kürzlich in Berlin auf der Veranstaltung unterhalten haben. Ich habe nun gesehen, dass Sie ja A und B machen. Ich dachte, ich greife mal kurz zum Telefon, denn ich habe da eine wertvolle Ergänzung. Können wir dazu kurz sprechen?“
Netzwerken in Perfektion
Wer richtig netzwerken möchte, der geht nicht nur mit fremden Menschen ins Gespräch, um ihnen letztlich etwas zu verkaufen, sondern um diesen generell bedingungslos weiterzuhelfen – also ohne Hintergedanken. Kurz: Man unterstützt die Person, indem man ihr Kontakte, Tipps oder Empfehlungen gibt, wenn man den Eindruck hat, dass diese Anregungen einen Gewinn für sie wären. Dadurch stärkt man mittelfristig seine eigene Reputation, auch wenn nicht jede Person, der man weitergeholfen hat, sich direkt revanchieren wird – und kann. Unterm Strich wird man dadurch aber in jedem Fall ein noch attraktiverer Gesprächs- und Ansprechpartner, weil sich zunehmend herumspricht, ein Mensch zu sein, der Lösungen und Wege sieht, viele Kontakte hat und andere vorurteilsfrei und ohne Erwartung einer Gegenleistung unterstützt.
Eine kostenlose, 11-minütige Schritt-für-Schritt-Anleitung
Eine kostenlose, 11-minütige Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man perfekt Netzwerken lernt, hat der Autor auf seinem YouTube-Kanal „Oliver Schumacher – Dein Verkaufstrainer“ veröffentlicht: https://youtu.be/0lbnoL0BBGo
Fotos:Freepik und Oliver Schumacher