Perfekte Instagram Welt: Fake oder echt?
Es war plötzlich anders: Anfang April veränderte sich der Instagram Account der amerikanischen Fastfoodkette Kentucky Fried Chicken. Statt Retrobilder von Hühnern, tauchte auf einmal ein reicher Mann auf, der seine Geheimrezepte für den Erfolg verriet und fortan Fotos postete. Colonel Sanders machte Witze mit Prominenten, trainierte in einem Fitnessstudio oder er schaute nachdenklich aus dem Fenster seines Privatjets. Was bedeutete das? Hatte die Fastfoodkette einen Erben für das Hühnerimperium gefunden? Nein, der neue Onkel mit der gepflegten Silbermähne bestand aus Pixeln – ein Avatar. Kentucky Fried Chicken hatte einen virtuellen Influencer auf Instagram hinzugefügt, der fleißig Likes sammelte. „Es war eine gute Gelegenheit, ein bisschen Spaß in die Werbewelt zu bringen“, sagte Steve Kelly, Digital- und Mediendirektor von KFC der New York Times und fügte hinzu: „Die Liebe zu virtuellen Influencern ist jedoch real.“
Colonel Sanders – der virtuelle Influencer von Kentucky Fried Chicken
Digitales Supermodel
Während die virtuellen Einflüsse weiter steigen und immer mehr Influencer Verträge mit Unternehmen für Produkte unterzeichnen, stellt sich die Frage, ob Menschen langfristig durch pixelige Kollegen ersetzt werden.
Lil Miquela ist gerade mal 19 Jahre jung, irre erfolgreich, hat viele hippe Freunde und ist immer auf Events geladen. Die schöne Influencerin ist angesagt: 1,4 Millionen Menschen folgen ihrem Account, Luxusmarken schicken ihr die neuesten Kollektionen. Ihre Single „Hate Me“ wurde 1,5 Millionen Mal auf Spotify gestreamt. Doch eigentlich ist Lil Miquela gerade mal drei Jahre alt, wurde als Avatar geboren und bedient die Instagram Welt perfekt.
Die führende virtuelle Influencerin Laila Blue teilt diese Fähigkeit, ebenso wie die modebewusste Imma – und das Model Shudu. Sie wird von einigen als das erste digitale Supermodel der Welt angesehen. Alle drei Modelle wurden von dem britischen Fotografen Cameron-James Wilson entworfen. Shudu hat für Marken wie Fenty Beauty und Tiffany & Co. gearbeitet und die beiden anderen wurden exklusiv für die Modemarke Balmain kreiert.
Virtuelle Influencer: 24/7
Die Idee der virtuellen Influencer ist nicht neu. Gorillaz veröffentlichten ihr erstes Album vor etwa 20 Jahren und der virtuelle japanische Popstar Hatsune Miku debütierte im Jahr 2007. Doch seit 2017 explodiert die Zahl der Avatare auf Instagram. Das Medium ist für virtuelle Influencer wie geschaffen, weil sie sich zur Schau stellen können und visuell sind. Inzwischen weckt das Medium auch das Interesse von Risikokapitalunternehmen, die sich einen Boom versprechen und in virtuelle Influencer investieren. Gute Geschichten, Meinungen und Beziehungen spielen die entscheidende Rolle, damit die Avatare menschlicher werden und Fans anlocken. Virtuelle Influencer haben für die Unternehmen weitere Vorteile: Sie sind preiswerter, schneller und können 24/7 eingesetzt werden.
Eine Frage der Ethik
Laut einer Studie gibt es allein auf Instagram 500.000 Influencer. Die Zahl der virtuellen Influencer ist noch begrenzt und liegt im zweistelligen Bereich. Damit sind sie weit davon entfernt, ihre menschlichen Gegenstücke zu entthronen. Doch was passiert, wenn die virtuellen Influencer von Künstlicher Intelligenz gesteuert werden? Sie wären in der Lage mit all ihren Anhängern gleichzeitig zu kommunizieren. Interaktionen, die auf einer Vielzahl von Daten basieren und darauf abzielen, Verbindungen herzustellen, mit denen Follower zu Käufern von Marken und Produkte werden können. Natürlich trägt das Social Media Web dazu bei, dass wir ein verzerrtes Bild zur Schau stellen. Doch das Szenario der virtuellen Influencer wirft ethische Fragen auf, weil die Grenzen zwischen „echt“ und Fake verschwimmen.
Übersetzt von SINGULARITY HUB
Fotos:
Instragram Colonel Sanders, Kentucky Fried Chicken
Pixaby