Das Dresdner Unternehmen Wandelbots hat vor kurzem ihre neue Software Plattform „Nova” vorgestellt. Die Lösung umfasst im Wesentlichen drei Komponenten: „Nova OS”, einem roboterunabhängigen Betriebssystem, „Nova Cloud”, ein Integrationslayer für die IT-Architektur der Fertigung mit Metaverse-Anbindung, KI und Simulation sowie das „Developer-Portal”, über das Anwender maßgeschneiderte Applikationen für ihre Robotiksteuerung selbst entwickeln und anpassen können. Der Clou: Mit Nova ist die Automatisierung mit Robotern auch ohne Programmierkenntnisse für jeden möglich.
Was verbirgt sich hinter der Plattform? Wie funktioniert das Software-Ökosystem für intelligente Automatisierung mit Robotik? Wie hat sich Wandelbots zu einem der deutschen Vorzeige-Start-up entwickelt und wie wurden über 100 Millionen von Investoren eingesammelt?
Darüber sprach Elita Wiegand mit *Katharina Jessa, CRO bei Wandelbots.
Bei Wandelbots gab es von Anfang an die Vision, Robotik, Programmierung und Nutzung zu vereinfachen und einen Standard zu etablieren. Mit welchem Ergebnis?
Katharina Jessa: Wandelbots ging es von Anfang an um die Demokratisierung der Robotik und darum, die Technologie für alle zugänglich zu machen. Seit über sieben Jahren arbeiten wir daran. Vor etwa drei Jahren kam dann die Marktvalidierung. Wir haben Hunderte Interviews geführt: mit DAX-Konzernen, Mittelständlern und auch kleineren Unternehmen sowie Robotikherstellern. Wir wollten verstehen, warum viele Robotik-Projekte scheitern. Ein Kernproblem war: Die Umsetzung ist oft zu komplex, und es mangelte an Grundlagen für Investitionsentscheidungen. Viele Unternehmen standen am Ende mit ungenutzten Robotern da, die nie den erhofften Nutzen brachten.
Sie haben herausgefunden, was Unternehmen wirklich brauchen?
Katharina Jessa: Ja, wir haben Klarheit gewonnen und erfahren, was Unternehmen wissen wollen: Lohnt sich eine Automatisierung überhaupt? Kommt der erwartete Return on Investment wirklich? Diese Unsicherheit hat viele Unternehmen vorher davon abgehalten, konsequent auf Robotik zu setzen.
Das war sicher ein starker Antrieb für Sie. Welche neuen Lösungen haben Sie entwickelt?
Katharina Jessa: Wir haben unsere bestehende Softwareplattform, die die Programmierung vereinheitlicht, so erweitert, dass auch die Vorvalidierung möglich wurde. Dazu arbeiten wir gemeinsam mit Nvidia im Omniverse mit Simulationen. Dort lassen sich Roboterprozesse fotorealistisch nachbilden, inklusive Bewegungsplanung. Unternehmen können deshalb schon vor einer Investition prüfen: Ist die Anwendung technisch machbar? Wie ist die Zykluszeit? Lohnt sich der Business Case? Und wenn die Entscheidung gefallen ist, lassen sich die Programme direkt vom virtuellen Modell in die reale Produktionsumgebung übertragen. Das spart enorm viel Zeit und Kosten.
Wandelbots ist ein Softwareunternehmen, dennoch gab es anfangs auch Hardwarelösungen wie die Jacke oder TracePen. Warum haben Sie den Fokus verschoben?
Katharina Jessa: Wandelbots ist ein Deep-Tech-Unternehmen. Am Anfang haben wir viel ausprobiert, um zu lernen. Die Jacke war ein spannendes Experiment: Man konnte einem Roboter durch das Vormachen viele Bewegungen beibringen. Aber in der Praxis war das nicht umsetzbar, weil es zu teuer und obendrein unpraktisch gewesen wäre. Der TracePen war näher dran, aber auch da zeigte sich: Wir sind keine Lackier- oder Schweißexperten. Unsere Stärke liegt klar in der Software. Deshalb haben wir uns entschieden, unseren Fokus auf die Plattform zu legen, die Prozessspezialisten nutzen können, und das reicht von der Planung über den Aufbau bis zum Betrieb.
Wie sieht es eigentlich generell mit Vorbehalten gegenüber Robotern aus?
Katharina Jessa: Auf Managementebene herrscht Konsens: Ohne Automatisierung geht es nicht, Fachkräftemangel und Kostendruck machen das klar. Aber auf der Arbeitsebene ist die Skepsis noch spürbar. Viele Mitarbeitende fürchten, ersetzt zu werden. Unsere Aufgabe ist es, zu zeigen: Robotik unterstützt, sie nimmt die Arbeit nicht weg, sondern macht sie effizienter und obendrein spannender für die Werker, indem stupide und repetitive Aufgaben ausgelagert werden.
Wandelbots gilt als deutsches Vorzeige-Start-up, hat inzwischen viele Preise gewonnen und große Investoren überzeugt. Wie wichtig war Transparenz in schwierigen Phasen?
Katharina Jessa: Sehr wichtig. Wir legen großen Wert auf Transparenz und haben offen kommuniziert, was funktioniert und was nicht. Investoren schätzen Ehrlichkeit. Und sie haben uns auch in schwierigen Zeiten vertraut, weil sie an unsere Vision glauben: eine Softwareplattform, die Robotik demokratisiert.
Inzwischen setzen Unternehmen wie Volkswagen, Schaeffler oder 3M die Wandelbots-Software ein. Was genau tun die damit?
Katharina Jessa: Schaeffler schafft mit unserer Plattform einen neuen Standard für komplexe Automatisierungen mit Robotern. Andere Kunden nutzen sie, um bestehende Produktionsanlagen effizienter zu machen. Mit unserer Software lassen sich digitale Zwillinge erstellen, Roboterpfade optimieren und Installationszeiten verkürzen. Bei älteren Anlagen konnten wir so Effizienzsteigerungen von 10 bis 15 Prozent erzielen und das ohne mechanische Änderungen.
Das heißt, die Prozessqualität steigt, die Kosten sinken. Welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz?
Katharina Jessa: KI spielt eine zentrale Rolle. Über unsere offenen Schnittstellen können Unternehmen eigene KI-Modelle integrieren. Wir wollen keinen geschlossenen Kosmos, sondern eine Plattform, auf der auch andere Firmen ihre Modelle einbringen. Ziel ist eine kontinuierliche Optimierung: Daten aus der Qualitätskontrolle fließen zurück und die KI gibt auf dieser Basis Handlungsempfehlungen. Zum Beispiel, welche Parameter angepasst werden sollten, um Fehlerraten zu senken. Langfristig streben wir Null-Fehler-Produktion für unsere Kunden an.
Ihr Ansatz klingt international skalierbar. Wie reagiert das Ausland?
Katharina Jessa: Sehr positiv. Anfangs war noch Skepsis da und es stand die Frage im Raum, ob wir das wirklich schaffen. Heute sehen wir großes Interesse, auch von Global Playern wie Nvidia, Microsoft oder Siemens. Wir haben bereits Projekte in Japan, den USA und vielen europäischen Ländern abgeschlossen. Die Offenheit wächst enorm, gerade weil der Handlungsdruck weltweit steigt.