Agri-Photovoltaik: Mehr Power für die Landwirtschaft
von Elita Wiegand
Landwirtschaft und Photovoltaik hat viele Vorteile: Landwirte generieren neue Einkünfte, sparen Wasser und verbessern die Qualität der Böden.
In Colorado wurde der Jack’s Solar Garden eröffnet, eine Farm, die als Pionier für die amerikanische Landwirtschaft steht, denn hier wird unter der Photovoltaikanlage Gemüse angebaut: Karotten, Grünkohl, Tomaten, Knoblauch, Rüben, Radieschen oder Salat. Auf 24 Hektar hat die Farm im vergangenen Jahr durch 3.276 Sonnenkollektoren viel Energie erzeugt, genug Strom, um rund 300 Haushalte damit zu versorgen.
Wie kann man künftig Solarenergie mit der Nahrungsmittelproduktion intensiver nutzen?
Auf dem Gelände steht die größte Agrarforschungsanlage der USA. Das neue wissenschaftliche Feld ist inzwischen als Agri-Photovoltaik bekannt: Landwirtschaft plus Photovoltaik.
Bis 2030 will die USA auf rund zwei Millionen Hektar Land mit Solarkollektoren bedecken. Im Rahmen eines Projekts InSPIRE untersucht das National Renewable Energy Laboratory (NERL) an etwa 20 Standorten in den USA die Agrarindustrie. Die bisherigen Ergebnisse sind erfolgsversprechend: Die Pflanzen werden im Schatten der Solaranlage angebaut. Damit reduziert sich das intensive Sonnenlicht und verhindert Trockenheit, einheimische Pflanzen ziehen Bienen an, die die Ernteerträge erhöhen. Die Wurzeln tragen dazu bei, den Boden in Dürrezeiten feucht zu halten und Wasserabfluss zu verhindern, um Überschwemmungen zu vermeiden.
Wachstum, Energie und Wasserverbrauch
Der Wissenschaftler Prof. Greg Barron-Gafford, University of Arizona hat experimentiert, um Wachstum, Wasserverbrauch und Energieproduktion zu quantifizieren und festzustellen, welche Pflanzen profitieren. Zum Beispiel verbrauchen Koriander, Paprika oder Tomaten nur die Hälfte des Wassers und die Qualität ist besser. Er fand auch heraus, dass die Paneele die Lufttemperatur erheblich senken und Pflanzen vor extremer Hitze zu schützen.
„In Zeiten extremer Hitze oder extremer Niederschläge ist der Schutz für Pflanzen tatsächlich von Vorteil“, betont Madhu Khanna, Ökonom an der University of Illinois. Khanna untersucht, wie die ideale Solaranlage für eine bestimmte Pflanze aussieht, zum Beispiel, wenn größere oder kleinere Lücken zwischen den Platten benötigt werden, um Sonnenlicht durchzulassen. Dank dieser Lücken werden Pflanzen, die unter Sonnenkollektoren angebaut werden, nicht in Dunkelheit getaucht. Aber im Allgemeinen ist das Licht diffuser, denn es prallt von Oberflächen ab, bevor es auf die Pflanzen trifft. Dies ahmt eine natürliche Waldumgebung nach, in der alle Pflanzen bis auf die höchsten Bäume im Schatten hängen und die Sonnenstrahlen aufsaugen.
Barron-Gafford hat herausgefunden, dass eine waldähnliche Beschattung unter Sonnenkollektoren eine physiologische Reaktion von Pflanzen hervorruft. Um mehr Licht zu sammeln, werden ihre Blätter größer, als wenn sie auf einem offenen Feld gepflanzt würden. Das hat sich zum Beispiel bei Basilikum gezeigt. Barron-Gafford hat auch herausgefunden, dass Paprika, die in freier Wildbahn im Schatten von Bäumen wächst, in einem Agrarsystem dreimal so viele Früchte produziert. Tomatenpflanzen bilden auch mehr Früchte, weil sie weniger durch das Sonnenlicht gestresst sind.
Vorreiter in Deutschland
In Deutschland haben die Landwirte Fabian Karthaus und Josef Kneer im Februar 2020 ein innovatives Gewächshaus gebaut – es wurde mit 2.700 Solarmodulen bestückt. Auf etwa einem halben Hektar Ackerfläche wachsen Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren und sogar Apfelbäume und Tafeltrauben unter dem Photovoltaikdach.
Um sich gegen die Folgen des Klimawandels mit Starkregen oder Hagel, Frost oder Dürre zu wappnen, haben sie tief in die Tasche gegriffen: Etwa 600.00 Euro betrugen die Kosten, eine Investition, die sich lohnt. Die extreme Hitze wird abgehalten und der Boden bleibt feucht. Auch starker Hagel gefährdet nicht die Ernte. Der positive Effekt: Himbeeren und Erdbeeren gedeihen unter dem PV-Dach besser: Der Ertrag wurde um 20 Prozent gesteigert – die Beeren bleiben länger frisch. Und: Durch den produzierten Solarstrom auf dem Gewächshaus könnten rund 150 Einfamilienhäuser versorgt werden.
Politik nach vorne
Wie die Energieagentur NRW schreibt, interessieren sich inzwischen viele Landwirte für das System. Doch es brauche zur Nachahmung eine bessere Unterstützung von Seiten der Politik, betont Fabian Karthaus. Es müsse klare Spielregeln geben, das Baurecht müsse geändert werden, um Anreize für mehr Landwirte Anreize zu schaffen.
Fotos: Energieagentur NRW und NERL