Aquaponik: Expertentipps, wie Privatleute ihre Anlagen selbst bauen können

Aquaponik ist eine Kombination aus Fischzucht in Aquakultur und dem Anbau von Nutzpflanzen in Hydroponik. Dabei handelt es sich um eine Kreislaufproduktion, bei der die Nährstoffe aus der Fischzucht zur Versorgung der Pflanzen genutzt werden.

Doch wie kann man Aquaponik als Privatperson nutzen? Was braucht man, um eine Aquakulturanlage zu bauen und welche Vorteile hat sie? Darüber spricht Elita Wiegand mit dem ZukunftsMacher und Aquaponik-Experten Wolfgang Grüne.

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Du beschäftigst Dich schon seit vielen Jahren mit Aquaponik, hast Deinen Bachelor in Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Pflanzenproduktion und Deinen Master in Aquakultur an der Universität Wageningen gemacht. Was reizt Dich an diesem Thema?

Wolfgang Grüne: Das Besondere an der Aquaponik ist ihre Ressourceneffizienz. Aquaponik schließt Stoffkreisläufe und hat ein großes Potenzial für eine umweltfreundliche Nahrungsmittelproduktion. Als Angler und Gärtner ist es für mich reizvoll, meine Leidenschaften mit Aquaponik zu verbinden. Um meine Begeisterung zu teilen und mein Wissen an Interessierte weiterzugeben, habe ich den YouTube-Kanal „Wolf-Aqua“ gegründet und habe mittlerweile über 1.500 Abonnenten.

Ein wesentlicher Vorteil ist die nachhaltige Lebensmittelproduktion. Wie sieht das bei Aquaponik genau aus?

Wolfgang Grüne: Aquaponik-Anlagen sind nachhaltig, weil die Ressourcen Wasser und Fischfutter mehrfach verwendet werden. Die Nährstoffe beziehen die Pflanzen aus dem Abwasser der benachbarten Fischzucht. Das geschlossene Kreislaufsystem spart Wasser und Dünger. Die Anlagen können auch in privaten Gärten aufgestellt werden und versorgen die Menschen mit frischen und nachhaltigen Lebensmitteln.

Welche Gemüsesorten eignen sich für die Aquaponik-Kultur?

Wolfgang Grüne: Grundsätzlich können viele Gemüsesorten wie Tomaten, Chili, Kürbis, Kräuter, Paprika, Mangold, oder Spinat angebaut werden. Kartoffeln, Zuckerrüben oder Schwarzwurzeln sind jedoch Gemüsekulturen, die in der Erde wachsen und sich nicht so gut für Aquaponik eignen.

Was braucht man, um eine Aquaponik-Anlage zu bauen?

Wolfgang Grüne: Man braucht einen sonnigen Platz mit der nötigen Infrastruktur für Wasser und Stromversorgung. Als Fisch- und Pflanzenbecken können zum Beispiel IBC Container verwendet werden. Zudem benötigt man auch eine Pumpe für die Wasserumwälzung und eine für die Belüftung des Beckens, damit die Fische immer genügend Sauerstoff haben. Wichtig ist, dass man ein gewisses technisches Know-how hat und weiß, wie zum Beispiel die Pumpen oder die Belüftung funktionieren. Auch Kenntnisse über Wasserchemie und über Pflanzen- und Fischkrankheiten sind erforderlich.

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Nun ist ein Aquaponik-System im privaten Bereich wahrscheinlich immer mit der Frage verbunden: „Wie teuer ist das?“

Wolfgang Grüne: Das hängt immer ein bisschen davon ab, wie hoch die eigenen Ansprüche sind. Eine selbstgebaute Anlage kann man für relatives kleines Geld erwerben. Einen IBC-Container bekommt man schon für 100 Euro das Stück. Dazu kommen noch die Kosten für die Wasserpumpe, den Bio- und Teichfilter, Belüfter etc. Wenn man Aquaponik als Hobby betreibt, liegen die Kosten meist unter 2.000 Euro. Selbstverständlich ist das von der Größe der Anlage abhängig.

Die Wasserpumpe ist das Herzstück und verschlingt sicherlich einen Großteil der Kosten. Was ist dabei zu beachten?

Bei der Aufstellung der Pumpe sollte darauf geachtet werden, dass der Widerstand zum Beispiel  durch Winkel oder Verengungen so gering wie möglich ist, damit die Pumpe auch ihre Leistung in Wasserbewegung umsetzt. Neben der Pumpe kann auch die angestrebte Wassertemperatur ein Kostentreiber sein. Wenn man zum Beispiel einen Warmwasser Fisch wie beispielsweise Tilapia kultiviert, sollte die Wassertemperatur mindestens 20 Grad betragen. Da bei kleinen Anlagen häufig elektrisch geheizt wird, erhöhen sich die Kosten. Über den Tilapia habe ich bereits ein Video mit vielen Informationen zu dem Fisch veröffentlicht. Alternativ kann man sich aber auch für eine Kaltwasserspezies wie Karpfen entscheiden und dann ist es nicht nötig, das Wasser zu heizen.

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Wolfgang Grüne vor seiner Aquaponik-Anlage

Im Lebensmittelbereich machen Aquaponik-Anlagen Sinn, aber warum wird diese Technik bisher so wenig angewendet?   

Wolfgang Grüne: Eine Fischzucht und der Betrieb eines modernen Gewächshauses ist aufwendig und erfordert viel Knowhow. In Deutschland gibt es dafür kaum Personal, die beide Bereiche, also Fisch und Pflanzen verbinden. In Wiesbaden hat REWE 2021 die Aquaponik-Anlage „Green Farming“ auf dem Dach eines Marktes eröffnet. Dort werden jährlich rund 800.000 Basilikumpflanzen und 20.000 Buntbarsche produziert. In Österreich, der Schweiz und Frankreich gibt es noch einige kleinere Anlagen. Ich bin mir aber sicher, dass in Zukunft auch in Deutschland weitere Aquaponik-Anlagen entstehen werden. 

Wie geht es mit den Aquaponik-Anlagen weiter, was sind Deine Pläne?

Wolfgang Grüne: Im nächsten Jahr werde ich kleine Aquaponik-Anlagen für Privathaushalte anbieten. Dazu gehören auch Workshops, Schulungen und Beratung. Außerdem werde ich einen Onlineshop eröffnen, in dem ich Equipment wie Fischbecken und Wasseraufbereitungsanlagen offeriere.  Und ich schreibe gerade ein Buch mit praktischen Tipps für Aquaponik-Systeme im eigenen Garten. In dem Buch beantworte ich Fragen, wie man eine Anlage am besten betreibt.