Buchtipp: Die Faltung der Welt – Anders Levermann

von ZukunftsMacher Helmut Scheel

Der Autor des Buches, Anders Levermann, ist Physiker am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Der Untertitel lautet: „Wie die Wissenschaft helfen kann, dem Wachstumsdilemma und der Klimakrise zu entkommen“ und beschreibt das Ziel des Buches besser als der Titel selbst. Faltung aber bedeutet vom Prinzip her Ablenkung oder Umlenkung, und Faltung ist Wachstum nach innen.

Ein mathematisches Konzept zur Bekämpfung des Klimawandels

Anders Levermann schlägt dieses mathematische Konzept, das in der Chaostheorie entwickelt wurde, als Diskussionsgrundlage für die Bekämpfung des Klimawandels vor. Er beschreibt es im Prolog mit dem Bild eines Tischtennisballs, der angestoßen wird und durch den Raum fliegt. Er fliegt geradeaus, bis er auf ein Hindernis trifft, das ihn ablenkt. Diese Ablenkung lässt sich berechnen und wird mathematisch als Krümmung bezeichnet. Der in theoretischer Physik promovierte Autor will damit unendliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten beschreiben und damit einen Lösungsvorschlag für das ökonomische Dilemma liefern, das entsteht, wenn kein CO₂ mehr ausgestoßen und keine geologischen Rohstoffe mehr nachgefragt werden dürfen.

Fossile Energien stoppen

Seine Vorschläge zur Rettung: Fossile Emissionen stoppen, alles recyceln oder nachwachsen lassen. Konkret bedeutet das für ihn, die wirtschaftliche Strategie zu ändern, damit die Wirtschaft in eine andere Richtung wächst. Der Planet setzt uns Grenzen, an denen wir die Richtung der Entwicklung und des Wachstums ändern müssen. Die Ablenkung (Faltung) ermöglicht es der Wirtschaft jedoch, weiterzuwachsen. Die Wertschöpfung erfolgt dann nicht mehr durch den Abbau von Rohstoffen, sondern durch das Recycling von Materialien. Wenn diese Grenzen definiert sind, werden sich die Unternehmen umstellen und ein Innovationsschub wird ausgelöst, so die Theorie. Neue Technologien werden entwickelt und die Kreislaufwirtschaft erhält einen Schub. Allerdings können solche Grenzen nicht von kleinen Ländern eingeführt werden, aber die Bedeutung der EU würde ausreichen, um solche Grenzen einzufordern. Dazu braucht es aber das angestrebte Liefergesetz, damit die Unternehmen diese Vorgaben nicht durch Produktionsverlagerung ins Ausland umgehen.

Das Modell für ein gutes Leben

Auf den 270 Seiten kommt der Physiker ohne Formeln aus und versucht, seine Theorie in verständlicher Sprache darzulegen. Zusammen mit der Donat-Ökonomie von Kate Raworth ist sie ein Modell für ein gutes Leben für alle. Wir haben Grenzen der Ausbeutung und Schädigung des Planeten und minimale Grenzen des sozialen Zusammenlebens. Wenn es uns gelingt, uns in diesem Donat (bildlich gesprochen) zu bewegen, kann sich eine zivilisierte menschliche Gesellschaft entwickeln und behaupten, ohne den Globus in einen lebensfeindlichen Felsklumpen zu verwandeln.

Fazit

Ich empfehle dieses Buch allen, die bereit sind, ihren Gedanken eine neue Richtung zu geben. Es kann ein Anstoß zu neuen, zielführenden Debatten sein, die für uns von Tag zu Tag dringlicher werden.