Buchtipp 

Das neue Führen von Bodo Janssen 

Von Elita Wiegand

ZukunftsMacher-Buchtipp-495x400 Das neue Führen von Bodo Janssen

An das erste Interview mit Bodo Janssen erinnere ich mich noch sehr gut. Es war 2015 und trug den Titel „Vom getriebenen Manager zum wertvollen Unternehmer“. Bodo Janssen berichtete damals, wie das Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung vernichtend ausfiel und er als Führungskraft in Frage gestellt wurde. Für ihn zählten damals Zahlen und Effizienzsteigerung. Statt die Kritik zu ignorieren und sich beleidigt zurückzuziehen, ging der Unternehmer ins Kloster, hielt Einkehr, dachte über sich nach und arbeitete an sich. Es begann ein Prozess, der bis heute andauert und mit dem er die Führung auf eine neue Ebene hob. Nach seinem Bestseller „Die stille Revolution“ hat Janssen viele weitere Bücher geschrieben, um sein Wissen zu teilen, seine Erfahrungen weiterzugeben: Allesamt Denkanstöße, mit denen er die Herzen der Leser erreichte.

Das richtige Buch in Zeiten der Unsicherheiten  

Sein aktuelles Buch „Das neue Führen“ erscheint in einer Zeit, in der viele unter Druck stehen, sich überfordert fühlen und Angst vor der Zukunft haben. Führungskräfte sind besonders gefordert, weil sie von der Transformation eingeholt werden und die Zeitenwende längst in den Unternehmen angekommen ist. Doch der Autor schreibt nicht nur über das Thema Führung, sondern er wendet sich an alle, Mitarbeitende, Partner, Kollegen und schreibt besonders auch über die Bereitschaft, sich führen zu lassen.

„Neue Führung bedeutet vor allem auch, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wer wir sind, was wir wollen und was wir können.“

Paradigmenwechsel: Die Wirtschaft muss sich in den Dienst der Menschen stellen  

Gleich im ersten Kapitel macht Bodo Janssen deutlich, dass es bei den aktuellen Herausforderungen nicht um Zahlen, Gewinne und Produktivität geht. Der Paradigmenwechsel besteht vielmehr darin, nicht mehr den Menschen in den Dienst der Wirtschaft zu stellen, sondern die Wirtschaft in den Dienst des Menschen. Ein besonderes Augenmerk legt er dabei auch auf die Künstliche Intelligenz, denn wir müssen uns die Frage stellen, was es bedeutet, wenn in Zukunft Wissen durch KI generiert wird und damit die Macht der Führungskräfte an Bedeutung verliert? Seine Antwort: Empathie, also die Bereitschaft, Emotionen und Gedanken zu verstehen und nachzuempfinden, wird den Menschen immer von der Maschine unterscheiden.

Sinnerfüllt

Das Thema Menschlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch: Vertrauen und Demut, Transparenz und Mut sind die Basis für eine gute Führung. Dazu gehört, dass die Talente im Unternehmen ihrer Berufung folgen. Geld verdienen war gestern. Heute geht es darum, etwas Sinnvolles zu tun, seine Talente zu leben, sich für etwas Größeres einzusetzen. “Wenn Menschen einen Sinn in dem sehen, wofür sie sich einsetzen, und wenn sie zudem Vertrauen in sich und andere gefunden haben, dann sind sie auch bereit, Verantwortung zu übernehmen.“

„Die Kunst der Menschwerdung besteht darin, unsere Wunden in Perlen zu verwandeln.“

Die New Work Inflation 

 Bodo Janssen beleuchtet das Thema „New Work“ aus einer anderen Perspektive. Viele verstehen unter „New Work“ einen bequemen Weg und klammern sich an Heilsversprechen wie ein bisschen mehr Agilität, flexible Arbeitszeiten und weniger Hierarchien.

„Manchmal habe ich das Gefühl, dass New Work wie ein als Allheilmittel angepriesenes „Medikament“ vermarktet wird. Doch was daraus entsteht ist ein Effekt, der den leeren Versprechungen einer Fernsehwerbung eher gerecht wird, als das tatsächlich etwas Sinnvolles passiert.“

Doch erlernte Methoden greifen zu kurz. Entscheidend für die Zukunft ist die Fähigkeit zur Transformation. Dazu gehört, Menschen aus der Abhängigkeit in die Eigenverantwortung zu führen, Vertrauen zu schaffen und sie so aus der Angst zu holen. Die innere Haltung bewirkt den Wandel. Neue Führungskräfte ermutigen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, richten sie auf, inspirieren sie – und begleiten sie. Sie sind initiativ und engagiert, ermutigend und offen, einfühlsam und mutig, klar und bescheiden.

Das sind Idealvorstellungen, die kaum zu erreichen sind. Denn die zukunftsfähige Führungskraft muss bereit sein, ständig zu lernen, sich selbst in Frage zu stellen und seine Kompetenzen zu erweitern. Und: Die neuen Führungskräfte dürfen Schwäche zeigen.

Bürokratie blockiert 

In zukunftsfähigen Unternehmen ist es wichtig, dass Bürokratie nicht unnötig belastet: Checklisten, Protokolle oder Analysen sind Ausdruck von Kontrolle, verunsichern die Mitarbeiter und lassen das Vertrauen schwinden.

Fazit 

Das Buch ist ein Augenöffner, denn Bodo Janssen öffnet viele Türen, die einladen, einzutreten, das neue Führen zu spüren, Emotionen zuzulassen und sich auch selbst zu hinterfragen. Vieles ist berührend, macht nachdenklich und der Leser entdeckt sich. Vielleicht fühlt man sich durchschaut, aber auch verstanden, weil der Autor den Leser behutsam an die Hand nimmt. Das Buch fordert auch, aber man wird nicht überfordert, weil es anregend ist.

Besonders gut gefällt mir, dass Bodo Janssen authentisch seine Erfahrungen einfließen lässt, sich auch zu seinen Schwächen bekennt und seine Entwicklung der letzten Jahre transparent macht. Das Buch „Das neue Führen“ lohnt sich mehrfach zu lesen, weil der Leser immer wieder auf neue Erkenntnisse stößt und dazu gehört auch, dass Bodo Janssen einige Übungen einbaut, die jeder im Buch ausfüllen und reflektieren kann. Er selbst schreibt, dass er mit seinen eigenen Geschichten und Fragen anregen will, statt fertige Antworten zu liefern. Die Aufgabe des Lesers ist es also, die für ihn passenden Antworten zu finden – und das gelingt in der Reflexion.
So ist das Buch „Das neue Führen“ ein Muss und besonders wichtig, um neue Erkenntnisse in den Zeiten der Unvorhersehbarkeit zu gewinnen.