Energiezunft Fuchstal: Eine energieautarke Kommune
von Elita Wiegand 

„Geht nicht, gibt’s nicht.“ Das ist nicht nur ein Spruch, sondern ein bewährtes Motto von Erwin Karg, Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Fuchstal. Mit Weitsicht hat er aus dem Ort mit 4.230 Einwohnern ein besonderes Zukunftsdorf entwickelt: energieautark, klimafreundlich und wirtschaftlich stark. Was hier in den letzten Jahren aufgebaut wurde, ist ein Vorbild für Kommunen in ganz Deutschland.

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Fukushima, Seehofer und ein unbeirrbarer Bürgermeister

Der Impuls kam 2011 nach Fukushima. „Auslöser war eigentlich Horst Seehofer, unser damaliger Ministerpräsident, der sagte, dass wir in Bayern 1.500 Windräder bräuchten“, erinnert sich Erwin Karg. Doch später sei Seehofer eingeknickt, habe eine Kehrtwende gemacht und betonte nun, „dass Windräder unsere bayerische Landschaft verschandeln“, so Karg.

In Fuchstal aber hatte man bereits 500.000 Euro investiert. Als Seehofer 2013 zurückruderte und sich von der Windkraft abwandte, war Fuchstal schon zu weit gegangen, um aufzuhören. „Wir wollten das Geld retten“, betont Erwin Karg. Doch es gab überall viele Kritiker. „Die Bürger waren gegen mich, die Presse war gegen mich und die Politik auch“, so der parteilose Bürgermeister. Er jedoch war überzeugt: „Wir ziehen das durch!“

Der Wandel: von der Vision zur Wirklichkeit

Heute ist Fuchstal energieautark und produziert bald sogar dreimal so viel Strom, wie die Gemeinde selbst verbraucht. Möglich macht das ein durchdachtes System:

  • Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen
  • Ein modernes Bürger-Windenergieprojekt mit sieben Anlagen
  • Beteiligung an einem genossenschaftlichen E- Wasserkraftwerk
  • Ein innovatives Fernwärmenetz
  • Ein Wasserspeicher, der durch Negativstrom der Windkraftanlagen über eine Power-to-Heat-Technologie den überschüssigen Strom in warmes Wasser für das Wärmenetz umwandelt
  • Ein Batteriespeicher für Speicherung von Negativstrom
  • Intelligente Steuerungstechnik für effizientes Energiemanagement

Die Wärme, die zum Beispiel im Sommer bei der Biogasanlage „übrig“ bleibt, wird gespeichert und im Winter genutzt. Überschüssiger Windstrom heizt Wasser oder speist Batterien. Selbst Gebäude außerhalb des Fernwärmenetzes können so über Wärmepumpen mit grüner Energie versorgt werden.

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Der Nutzen: das Klima schützen, lokal investieren

Das Konzept lohnt sich für alle. „Wir haben im letzten Jahr etwa eine Million Euro Einnahmen aus den Energieprojekten verbucht“, berichtet Erwin Karg. Davon wurden Radwege gebaut, ein Spielplatz errichtet, ein Grundschulgebäude saniert, ein neuer Kindergarten und ein Feuerwehrhaus sind im Bau oder in Planung.  Ein Musterbeispiel für regionale Wertschöpfung.

„Unsere Bürger profitieren direkt“, sagt Karg. „Nicht nur über Beteiligungsmöglichkeiten, sondern auch durch konkrete Projekte im Ort. Und sie wissen: Unsere Energie kommt aus der Region, nicht von irgendwoher.“ Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Sing und dem bifa Umweltinstitut wurde ein dreijähriges, vom Bund gefördertes Realisierungsprojekt gestartet. Das Ziel: Sektorenübergreifendes Energiemanagement, also Strom, Wärme und Mobilität clever miteinander zu verknüpfen. Und zu zeigen: So geht Klimaschutz auf kommunaler Ebene.

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Erwin Karg, Bürgermeister von Fuchstal

Der Weg: Eine Kommune geht voran

Natürlich lief nicht alles glatt. Es gab auch später noch kritische Stimmen und Skepsis. Doch Karg blieb dran, mit Transparenz und einer klaren Haltung: Die Energiewende ist keine Belastung, sondern eine Chance. Inzwischen wurde Fuchstal mit dem Bayerischen Klimaschutzpreis 2024 ausgezeichnet. Es gibt zudem eine ganze Liste von Ehrungen: Bereits 2019 wurde die Gemeinde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als Bioenergie-Kommune des Jahres prämiert. Und im Jahr 2020 zeichnete das Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie die Gemeinde Fuchstal als »Gestalter der Energiewende« aus. 2022 erhielten sie die Auszeichnungen Bundesnachhaltigkeits-Kommune in Düsseldorf und Bundessolarkommune in Oberhausen.

Fuchstal ist ein ZukunftsMacher-Ort

Die Geschichte von Fuchstal ist eine Ermutigung. Das Beispiel zeigt, was möglich ist, wenn man nicht aufgibt und an die eigene Gestaltungskraft glaubt. Bürgermeister Erwin Karg ist ein echtes Vorbild für mutige, lösungsorientierte Kommunalpolitik. Es ist Zeit, dass viele diesem Beispiel folgen.