Drogeriemarkt dm hat eigenen KI-Chatbot eingeführt

ChatGPT eröffnen Unternehmen neue Möglichkeiten, um die tägliche Arbeit zu vereinfachen und Produktivität zu steigern. Doch die KI-Anwendung von OpenAI im Unternehmenskontext wirft Fragen bezüglich des Datenschutzes auf. Der dm-drogerie markt hat deshalb mit dmGPT einen eigenen KI-Chatbot eröffnet.

Dazu ein Interview von Elita Wiegand mit Roman Melcher, Geschäftsführung dm-drogerie markt, Geschäftsführer für das Ressort IT, dmTech geführt.

ChatGPT ist in aller Munde. Aber viele fragen sich, ob man KI auch für die Arbeit nutzen kann – und darf? Wie hat dm darauf reagiert?

Roman Melcher: Nachdem die KI im November 2022 von OpenAI vorgestellt wurde, wollten es auch bei dm alle am Arbeitsplatz ausprobieren, denn ChatGPT übte auf viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Faszination aus. Wir hatten aber schnell Bedenken, denn die Daten sind nicht nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geschützt. Interne Informationen können an Unbefugte weitergegeben und Geschäftsgeheimnisse verraten werden. Ein Beispiel lieferte der Technologiekonzern Samsung. Dort wollten Mitarbeiter die KI testen und fütterten ChatGPT mit vertraulichen Daten, die dadurch öffentlich zugänglich waren. Wir haben uns deshalb entschlossen, schnell eine Variante zu entwickeln, die für das Unternehmen und die Mitarbeiter sicher ist.

Gerade vertrauliche Daten sind in Unternehmen ein großes Thema bei der Nutzung von ChatGPT. Aus diesem Grund hat dmTECH eine eigene Lösung entwickelt. Wie muss man sich dmGPT vorstellen?

Roman Melcher: Wir verwenden das AI-Lizenz Modell von Microsoft. Microsoft ist Teil des Sprachmodells von OpenAI und hat es in seine Cloud integriert. Wir haben eine Oberfläche und die nötigen Schnittstellen zur Nutzung des Sprachmodells programmiert. Dadurch ist sichergestellt, dass kein Dritter sehen kann, was die Mitarbeitenden eingeben. Es ist also ein Cloud-System, auf das niemand sonst Zugriff hat.

dmgpt Drogeriemarkt dm mit eigenem KI-Chatbot

Dass die Daten geschützt sind, ist vermutlich der wichtigste Aspekt. Was sind weitere dmGPT Vorteile?

Roman Melcher: dm verwendet dieselbe Trainingsdatenbank wie das Original ChatGPT. Im nächsten Schritt wollen wir dmGPT an unseren eigenen Datenquellen und die dm-Infrastruktur anbinden. Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten die Antworten, die gezielt aus dem dm-Wissen gespeichert werden. Mittlerweile haben etwa rund 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im dialogicum, dem Unternehmenssitz, Zugriff auf das Tool.

Wenn schon jetzt etwa 3.000 Mitarbeiter dmGPT nutzen, erhebt sich die Frage, vor es allem die Arbeit erleichtert? 

Roman Melcher:Wir nutzen dmGPT zum Beispiel dafür, um Ideen für verschiedene Aufgabenstellungen zu erhalten oder im Bereich Marketing geht es darum, Texte für bestimmte Zielgruppen zu generieren. Aktuell für die dm-Ausbildungsinitiative. In unseren dm-Märkten werben wir für die Ausbildung zur Drogistin oder zum Drogisten. Dafür kann dmGPT Texte in Jugendsprache vorschlagen, die besonders ansprechend sind. 

Wie wurden die dm-Mitarbeitenden auf die generative KI vorbereitet?

Roman Melcher: Für die Mitarbeitenden haben wir in unserer digitalen dm-Lernwelt viele Lernmodule zu dmGPT und KI-Systemen im Allgemeinen bereit gestellt. Dort erklären wir zum Beispiel, was generative KI ist, wie dmGPT funktioniert oder zeigen auf, wie man Prompts formuliert, um gute Ergebnisse zu erzielen. Uns ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden erfahren, wie sie dmGPT für ihre Arbeit nutzen können, aber auch, wo die Herausforderungen der Technologie liegen. 

Nun bedeutet der Einsatz neuer Technologien immer auch Veränderungen im Unternehmen. Wo sehen Sie die Chancen?

Roman Melcher: Die Vorteile liegen eindeutig in der Effizienzsteigerung und dem Produktivitätsgewinn. Die Qualität unserer Prozesse wird sich kontinuierlich verbessern, da die Arbeit schneller und effektiver in der zur Verfügung stehenden Zeit erledigt werden kann. Auch das Kreativitätspotenzial ist enorm hoch: Obwohl KI keine der menschlichen Kreativität vergleichbare Lösungen liefert, können durch die Nutzung der KI neue Ideen bei den Menschen entstehen. KI ist ein großes Thema, weil wir auf der einen Seite den Fachkräftemangel, auf der anderen Seite aufgrund der demografischen Entwicklung einen Rückgang der Erwerbsbevölkerung beklagen. Ich bin der festen Überzeugung, dass KI eine mögliche Option ist, um dieser Aufgabenstellung zu begegnen, sowohl in den Unternehmen als auch in der Gesellschaft. Die Frage ist also nicht, ob wir KI nutzen sollten, sondern vielmehr, wie kommen wir in eine fruchtbare Nutzung von KI. KI ist ein guter Diener aber ein schlechter Herr. Es wäre wichtig, dass wir das in der Nutzung von KI nicht verwechseln. 

Sie plädieren für den Einsatz von KI in Unternehmen. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Roman Melcher: In Zukunft wird kein Unternehmen um den sinnvollen und wertschöpfenden Einsatz von KI herumkommen, denn die Vorteile sind enorm. Unternehmen, die sich der KI verschließen, werden über kurz oder lang nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Wer die Chancen ignoriert, verliert den Anschluss. Ich glaube, dass die generative KI in Zukunft automatisch auf uns zukommen wird.

Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie, wenn Sie mit dmGPT in die Zukunft blicken?

Roman Melcher: Wir sehen zum Beispiel, dass langfristig Produkt- wie auch Prozessinnovationen schneller entstehen könnten. Möglich wäre zum Beispiel, künftig einfacher als bisher die Wünsche der Kundinnen und Kunden einzubeziehen, um ihre Ideen zu neuen Produkten zu berücksichtigen. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Generell wird sich aber der Umgang mit Informationen verändern. Jedes Unternehmen verfügt über große Datenmengen, aber die Mitarbeitenden finden sie nicht schnell genug. Der Traum ist, dass mit einer dmGPT Abfrage die verfügbaren Daten allen schnell und durch eine intuitiv nutzbare Schnittstelle zugänglich gemacht werden können – das könnte ein Meilenstein sein.