Hentschke Bau setzt mit Chinaschilf und Hanf auf nachhaltige Baustoffe

Die Hentschke Bau GmbH als leistungsstarkes Ingenieurbauunternehmen und einer der größten Arbeitgeber Ostsachsens ist seit über drei Jahrzehnten schwerpunktmäßig in den Bereichen Verkehrsbauten Straße und Bahn, schlüsselfertiger Gesellschafts- und Sozialgebäudebau sowie Industriebau und Strahlenschutzbetonbau tätig. Der Autobahn-, Straßen- und Bahnbrückenbau – speziell der Bau von Spannbetonbrücken mit Vorschubrüstung – zählt zu den Kernkompetenzen des Unternehmens. Jetzt wird sich Hentschke Bau mit einer intensiven Forschung und Kooperationspartnern auf nachhaltige Baustoffe fokussieren. 

Dazu ein Interview von Elita Wiegand mit Claudia Miersch, eine der Projektverantwortlichen bei Hentscke Bau.

In Zeiten der Klimakrise ist es wichtiger denn je, die Auswirkungen von Baumaßnahmen auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten. Hentschke Bau forscht an ressourcenschonenden, nachhaltigen Baustoffen – mit welchen Ergebnissen?

Claudia Miersch: Wir forschen in verschiedenen Bereichen und beschäftigen uns mit nachhaltigen Alternativen zum herkömmlichen Beton, die mit weniger oder ganz ohne Zement auskommen. Ein Beispiel hierfür ist Geopolymerbeton. Ein weiteres Anliegen ist das Ersetzen erdölbasierter Kunstfasern durch Naturfasern. Im Hinblick auf den schlechten Zustand unserer Wälder sind wir zudem bestrebt, Alternativen zu Holz zu finden und im Bau einzusetzen. Um die großindustrielle Forschung im Bereich des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe als Baustoff voranzutreiben, planen wir die Errichtung einer neuen Halle inklusive Technikum in Bautzen.

Claudia-Miersch Hentschke Bau setzt mit Chinaschilf und Hanf auf nachhaltige Baustoffe

Claudia Miersch mit einer Musterplatte, die aus Hanfschäben und dem noch alten Bindersystem besteht, welches gerade durch ein alternatives ersetzt wird 

Bei der Herstellung von Zement entstehen etwa sieben Prozent der globalen CO₂-Emissionen. Steigende Preise für CO₂ Zertifikate, aber auch die Erwartungen von Investoren und Kunden machen es wichtiger denn je, neue Wege zu gehen. Doch welche nachwachsenden Rohstoffe können im Bauwesen ersetzt werden?

Claudia Miersch: Hanf zum Beispiel – die stabilste Pflanzenfaser überhaupt. Doch Hanfbeton kennt kaum jemand. Wie der entsteht, fragen sich wahrscheinlich viele. Bei der Aufbereitung des Hanfstrohs werden die Fasern vom holzigen Inneren des Hanfstängels getrennt. Die sogenannten Hanfschäben werden mit Kalk und Wasser vermischt. Das Ganze wird in eine Form gegeben oder aber direkt auf der Baustelle verwendet. Der Hanfbeton trocknet im Anschluss an der Luft, härtet dabei aus und nimmt zusätzliches CO₂ auf. Der Baustoff überzeugt durch eine ganze Reihe positiver Eigenschaften wie der Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung im Raum, der Schalldämmung, der Brandschutz- und Feuerbeständigkeit, der Schimmel- und Insekten-Resistenz sowie der Umweltfreundlichkeit (Erzeugung, Verarbeitung, Verwendung) an sich.

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Hanfschäben | Foto: Dr. Michael Kraft, TU Bergakademie Freiberg

Es klingt ungewöhnlich, Hanfbeton als Baustoff zu verwenden. In welchen Bereichen kann der pflanzenbasierte Baustoff eingesetzt werden?

Claudia Miersch: Wir sind unter anderem im Schlüsselfertigbau tätig und bauen zum Beispiel Industriegebäude, Wohnanlagen, Turnhallen und Schulen, Krankenhäuser und Pflegeheime. Hierbei kann Hanfbeton ebenso wie auch in Fachwerkhäusern eingesetzt werden. Bei der Verwendung ist immer eine tragende Struktur (Metall, Holzständer, Mauerwerk) erforderlich, welche die Kräfte aufnimmt. Für die Ausfachung ist der Hanfbeton geeignet. Dieser kann gestampft oder aufgespritzt oder als fertige Bausteine oder Bauplatten verwendet werden.

Nun legen Sie auch ein besonderes Augenmerk auf die Pflanze Miscanthus oder auch Chinaschilf, Elefantengras genannt, die Sie ebenfalls als Baustoff nutzen wollen, wie? 

Claudia Miersch: Wir sind im letzten Jahr auf die Eignung der Faserpflanze Miscanthus als Baustoff aufmerksam geworden. Die Pflanze ist mehrjährig und die regelmäßig im Frühjahr stattfindende Ernte kann durchaus für 20 Jahre von der gleichen Fläche erfolgen. Wir wollen diesen pflanzlichen Rohstoff wie Hanf als Baustoff nutzen. Dazu arbeiten wir in Bautzen mit Uwe Kühn, – Miscanthus Buscheritzzusammen, der sich mit seiner Miscanthus-Expertise europaweit einen Namen gemacht hat. Außerdem kooperieren wir mit der LEAG (Lausitz Energie, Bergbau AG). Für die Rekultivierung der Bergbaufolgelandschaft ist Miscanthus bestens geeignet, da die Pflanze schnell Humus bildet.

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Miscanthus-Häcksel | Foto: Dr. Michael Kraft, TU Bergakademie Freiberg

Welche weiteren Pläne hat Hentschke Bau?

Claudia Miersch: Wir sind mit vielen Akteuren im Gespräch. Das reicht von Landwirten, welche auch nach alternativen Kulturen suchen, über die Strohaufbereitung, bis hin zur LEAG als Partner, die die Rekultivierungsflächen bewirtschaftet und deren große Aufgabe der Humusaufbau ist. Unser Ziel ist es, eine eigene regionale Wertschöpfungskette aufzubauen.

Wir haben eine – für ein Bauunternehmen sehr große – Forschungs- und Entwicklungsabteilung und kooperieren zudem mit verschiedensten Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. In unsere geplante Forschungshalle samt Labor investieren wir einen zweistelligen Millionenbetrag. Mit Hilfe einer bereits erworbenen, europaweit einmaligen Produktionsanlage arbeiten wir in nächster Zeit daran, nachhaltige Baustoffe wie zum Beispiel Trockenbauplatten im großindustriellen Maßstab herstellen zu können. Diese sollen einerseits leicht sein, um sie zum Aufstocken auf Bestandsgebäude, aber auch zum Dämmen einsetzen zu können. Weiterhin sollen sie biobasiert und kreislauffähig sein und einen bedeutenden Beitrag zum klimaneutralen Bauen liefern.

Was bedeutet das für die Region Bautzen?

Claudia Miersch: Unser Vorhaben adressiert ganz konkret die immer wieder im Zuge des Strukturwandels in der Lausitz genannten Ziele. Wir stehen in den Startlöchern und sind davon überzeugt, dass die entstehende regionale Wertschöpfungskette inklusive der neuen Arbeitsplätze zu mehr Resilienz in der Region führt. Unser Projekt hat das Potenzial, sowohl in der Landwirtschaft als auch im Bausektor die tatsächliche Nachhaltigkeit zu erhöhen. Mit der Produktion wohngesunder Baustoffe möchten wir einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft und Umwelt leisten.

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