Machtausbau China: Die Neue Seidenstraße

Eine Rezension zu dem Buch “Die dreckige Seidenstraße – wie Chinas Wirtschaftspolitik Demokratien und Staaten untergräbt” von Philipp Mattheis

von ZukunftsMacher Helmut Scheel

Während Deutschland nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Zeitenwende proklamierte, begann die globale Wende viel früher. China hat längst an wirtschaftlichen und politischen Einfluss gewonnen.

Das Megaprojekt Neue Seidenstraße

Ein wirkungsvolles Machtinstrument: Die Neue Seidenstraße. Mit dem Megaprojekt will China die wirtschaftliche Macht und globale Dominanz ausbauen. Bereits im Jahre 2013 hatte der chinesische Präsident Xi Jinping die „Neue Seidenstraße“ präsentiert, um einen Handelskorridor zwischen Asien, Afrika und Europa zu schaffen. Die Belt and Road Initiative (BRI) umfasst ungefähr 70 Länder.

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Die Neue Seidenstraße

Doch hinter der Neuen Seidenstraße verbergen sich „dreckige“ Geschäfte. Der Journalist und langjährige China Korrespondent Philipp Mattheis deckt in seinem Buch auf, wie China vorgeht und Staaten in Abhängigkeiten bringt.

So verteilt China Kredite in Milliardenhöhe an Länder, die auf die Hilfe angewiesen sind, um in die Infrastruktur zu investieren. Dazu gehören Straßen, Häfen, Zugstrecken oder auch Flughäfen. Auffällig, dass vor allem Diktatoren mit den Milliarden aus Peking geködert wurden. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Kredite sind nicht an Menschenrechte, Umweltschutz oder demokratische Prozesse geknüpft. Auch wenn den Ländern eine Win-Win Situation versprochen wird, profitiert lediglich China, denn es werden chinesische Unternehmen beauftragt.

Wenn es gut läuft, erwirtschaftet das Projekt einen Gewinn und das Land kann den Kredit zurückzahlen. Doch viele Beispiele entlang der Seidenstraße zeigen, dass das immer seltener gelingt.

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Ein Erfolgsrezept Chinas: Langfristig strategisch planen

Der Ausbau der Macht liegt auch darin begründet, dass China einen Vorteil gegenüber dem Westen hat: Es ist gewohnt über längere Zeiträume hinweg zu denken und zu planen. Während im Westen ein kurzfristiges Denken in Quartalszahlen und Legislaturperioden das Handeln bestimmt, legt Chinas Staats- und Parteiführung in der Regel alle fünf Jahre mit einem sogenannten Fünfjahresplan (FJP) wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen fest. In dem 14. Fünfjahresplan (2021-2025) geht es um den Aufbau eines modernen sozialistischen Landes. Der Plan ist eine Blaupause für die nationale ökonomische und soziale Entwicklung.

Somit ist die Verdoppelung der Bedenk-Zeit in China bereits zehn Jahre und die Vervierfachung 20 Jahre, während die Vervierfachung im Westen gerade einmal ein Jahr beträgt. Ich stelle dies bewusst pointiert dar, um den Horizont von Strategien zu verdeutlichen, die auch der Autor Philipp Mattheis in seinem Buch „Die dreckige Seidenstraße“ immer wieder betont.

China – die Werkbank des Westens

Die Öffnung erlaubte den Industrieländern China als Werkbank zu nutzen. Allerdings immer im politischen Rahmen der Kommunistischen Partei. Anreize für die westliche Industrie war und ist die billige Produktion und die Rendite für westliche Unternehmen schienen grenzenlos. So gewann China an Bedeutung als Wirtschaftspartner – üppige Deviseneinnahmen verhalfen dem zentralistischen Staat seine Fantasien auszubauen. Xi Jinping ist nach Mao der am längsten amtierende Staatschef – die Neue Seidenstraße, die an die romantisch verklärte Seidenstraße und an Marco Polo erinnern soll, ist der Hebel, um das hegemoniale Bestreben attraktiv zu verpacken.

Der Iran: Gefangen im Netz der Neuen Seidenstraße

Während im Mittelalter die Seide auf dem Handelsweg von Osten nach Westen transportiert wurde, ist es heute das Spinnennetz als Beziehungs-, Kreditfinanzierungs- und Einflussnetzes der chinesischen (Seiden)Spinne. Der Autor, der die im Netz gefangenen Staaten besucht hat, beschreibt in leicht verständlicher Sprache die Wirkung der Abhängigkeiten. So zum Beispiel für den Iran. Durch die Sanktionen des Westens wurde der Iran in die Hände Chinas getrieben. China wird in den nächsten 25 Jahren mehr als 400 Milliarden Dollar in dem islamischen Gottesstaat investieren. Das Geld soll in die Infrastruktur fließen. Im Gegenzug sichert sich China den Zugang zu den iranischen Rohstoffen. China ist heute der wichtigste Handelspartner des Iran.

Toxische Wirkungen

Die Folgen der verfangenen Staaten lassen sich mittel- und langfristig noch nicht absehen, zumal sich China mittlerweile selbst in einer schwierigen finanziellen Situation befindet. Doch das global-politische Netz zeigt bereits jetzt eine toxische Wirkung. So schildert Mattheis an Beispielen von Abstimmungen der UN oder innerhalb der Europäischen Union, die von den abhängigen Ländern pro chinesisch ausfallen. Die überhebliche Sicht des Westens auf das alte China – also der 60iger und 70iger Jahre – macht sie blind für die Verflechtungen. Wie die Seide sind diese Fäden vielleicht dünn, jedoch reißfest. So versucht China seine Währung mehr und mehr zu einer globalen Leitwährung auszubauen. Philipp Mattheis schildert die Bedeutung und lässt eine Ahnung aufkeimen, was es in Zukunft bedeuten könnte, wenn der Yuan zu einer globalen Leitwährung wird. Derzeit würde sich in erster Linie ein Währungsvorhang international entwickeln. Auf der einen Seite Dollar und Euro und auf der anderen Seite der Rubel und Yuan. Der neue Währungsvorhang, kann zu einer neuen Spaltung führen und muss politisch und wirtschaftlich im Auge behalten werden.

Appell für das Umdenken in der Wirtschafts-und Außenpolitik

Wer sich in leicht verständlicher Sprache über den globalen Einfluss Chinas informieren möchte, dem empfehle ich das Buch.  Das eine oder andere Projekt der Neuen Seidenstraße ist dem informierten Leser vielleicht bekannt,  jedoch vermutlich in der Komplexität bisher nicht bewusst gewesen sein. Nach der Lektüre wird jeder die Zusammenhänge der wirtschaftlichen Abhängigkeit und ebenso die global politische Einflussnahme verstehen  und einordnen können. So wird der Einfluss von China zunehmen. Europäische Länder wie Griechenland, die bereits in die Neue Seidenstraße Falle getappt sind, werden chinesische Interessen in die EU hineintragen. Das Buch von Philipp Mattheis ist ein Appell für das Umdenken in der Wirtschafts-und Außenpolitik.

Über Phillipp Mattheis

Philipp Mattheis, geboren 1979, hat Philosophie studiert und die Deutsche Journalistenschule besucht. Seit 2011 arbeitet er als Auslandskorrespondent für verschiedene deutsche Medien, darunter den SternCapital, die WirtschaftsWoche und den STANDARD. Von 2011 bis 2016 und 2019 bis 2021 lebte er in Shanghai, von 2016 bis 2019 berichtete er aus Istanbul über die Türkei und den Nahen Osten. Er ist Autor mehrerer Bücher. Zuletzt erschien »Ein Volk verschwindet. Wie wir China beim Völkermord an den Uiguren zuschauen«

Weitere Infos: https://blingbling.substack.com

Buchtipp

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Die dreckige Seidenstraße von Philipp Mattheis

Erschienen im Goldmann Verlag

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