ZukunftsMacherin Katrin Pütz
Geschäftsführerin (B)energy
Wer bist Du?
Praktisch: Schreinerin (Gesellin), Bull Catcherin (Einfangen wilder Stier im australischen Outback mit viel Automechaniker und Metallarbeiten, zwei Jahre), Sennerin (Ziegenkäse Alp mehrmals einige Monate), Dachdeckerin und Brotbäckerin (kurzfristig), Bäuerin (angeboren), Hüttenwartin (DAV-Hütte), Fahrrad-Reiseleiterin in Europa (bis heute).
Theoretisch: Ecological Impact Assessment (Bachelor, Koblenz) und Agrartechnik (Master, Hohenheim)
Zum Spaß: Töpfern und Motorsägenschnitzen, Laufen, Langlauf (Skaten), Klettern (alpin), Bergsteigen, Rennrad und Ultimate Frisbee
Fernweh:
Kanada –Tlingit Indianern in Atlin – internat. Workcamp
Moldavien: Fledermausschutz – internat. Workcamp
Australien: knapp zwei Jahre Outback
Europa: Interrail-, Fahrrad- und Wandertouren von Portugal bis Moldavien
Vietnam: zu Fuß durch den Norden
Mongolei: zu Pferd durch die Steppe
Anden: zu Fuß durch die Berge
Alpen: Gletscher- und Klettertouren
Rwanda: Agroforstwitschaft (sechs Monate)
Äthiopien: Biogas-Forschung und Business (vier Jahre)
Kenya, DR Congo, Kamerun, Mali, Rwanda, Äthiopien, Mexico, Chile: Biogas Trainings
Heute: Gründerin und Geschäftsführerin von (B)energy (head and heart)
Was lernt man bei alledem? Dass es immer eine Lösung gibt und in den meisten Fällen kann man sie dank des chaotischen Lebenslaufs sogar selbst herbeiführen. Wahrscheinlich deshalb schreckt mich meine mir selbst gestellte Aufgabe nicht ab, die ein ehemaliger (B)angel einmal so beschrieben hat: „Du darfst nicht vergessen, dass Du Dir die schwierigste Aufgabe überhaupt gestellt hast. Ein Start-up als Social Business mit Zielmarkt Emerging Markets ohne Hilfsgelder aufzubauen. Jede Aufgabe für sich genommen hat eine Misserfolgsquote von über 50 Prozent. Als Kombination ist es rein mathematisch gesehen gar nicht möglich, was du vorhast.“
Deshalb ist es ja so spannend, so herausfordern und so toll, wenn es doch klappt!
Was verbirgt sich hinter der (B)energy GmbH?
Ein Social Business, dass mobile Biogastechnik aus Biogassackanlage, Biogasrucksack und Biogasbrenner vertreibt – an lokale Geschäftspartner! Nur wer erkennt, dass es der Verantwortung der Einheimischen bedarf gewissen Probleme in einer Gesellschaft zu lösen, wird zum (B)energy Geschäftspartner, denn sie/er weiß: Hilfsgelder, Spenden oder Förderungen werden konsequent ausgeschlossen und sie arbeiten in Eigenverantwortung mit jeglicher nicht-finanzieller Unterstützung von (B)energy. Das bedeutet: Importeure bringen die Technik ins Land, verkaufen sie weiter an selbständige Installateure, diese wiederum bedienen die Endkunden, die letztlich das Biogas produzieren, nutzen und verkaufen. So entsteht ein lokales Wirtschaftssystem, bei dem alle Beteiligten in gewisser Weise zu Entrepreneuren werden, die mit und für saubere, umweltfreundliche und ressourcenschonende Kochenergie arbeiten. Da eine Biogasanlage mehrere Haushalte mit Biogas versorgen kann, ist das (B)energy Biogassystem bisher einzigartig in Entwicklungsländern. Da das Konzept von einer immer größer werdenden Anzahl von Partnern zu ihrer eigenen Vision gemacht wird, entwickelt sich ein kleines Social Business immer mehr zu einer Bewegung, bei der nicht das Geld im Vordergrund steht.
Was treibt Dich an?
Das Wissen, dass „Arme“ besonders starke Menschen sind und die Wut darüber, wie sie von uns im Westen mit Entwicklungshilfe, Hilfe zur Selbsthilfe oder Entwicklungszusammenarbeit für ihre scheinbar ausweglose Situation bestraft werden. Dass unsere Perspektive, besonders von Afrika, veraltet und falsch ist, das beweisen mir meine unglaublich motivierten, geduldigen, starken und optimistischen Partner fast täglich. Und wenn dann eine Frau mit dem Biogasrucksack auf dem Rücken auf dem Weg zu ihrer jetzt rauchfreien Küche unterwegs ist, dann hat sich jeder Moment der Rechtfertigung gegen die Annahme von Hilfsgeldern gelohnt. Sie hat es aus eigener Kraft geschafft und wird es deshalb schätzen und erhalten!
Warum bist Du eine ZukunftsMacherin?
Um ZukunftsMacherIn zu werden, braucht man wohl eine Vision für die Zukunft. Meine Vision ist, dass besonders die Menschen, die aktuell aufgrund ihrer Armut völlig unwürdig behandelt werden (Beispiel Entwicklungshilfe), durch Zugang zu Möglichkeiten ihre Situation selbst ändern können. Wenn diese Massen von Menschen ihr Potential erkennen, dann ist die Entwicklung zum Positiven nicht mehr aufzuhalten. An dem weltweiten „Myzel“, einem unsichtbaren Netzwerk aus engagierten Menschen, arbeite ich seit Jahren und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Pilze an allen Stellen der Welt aus dem Boden schießen. Doch einen Wachstumsbeschleuniger könnten wir vom Westen aus recht leicht dazu beitragen und ich mache, wo es nur geht, jeden darauf aufmerksam: Hört auf zu spenden und zu „helfen“, denn wer wie ein Bettler behandelt wird, wird sich nicht entschieden für Verbesserungen einsetzen – das gilt bis auf höchste politische Ebene.